Wir sind seit ein paar Tagen auf Rügen, nach vielen Unsicherheiten konnten wir unseren lange geplanten Sommerurlaub nun doch antreten. Die Insel ist sehr schön und an den meisten Plätzen ist sie vor allem eins: ruhig. Das tut verdammt gut. Unser Ferienhaus mit Reetdach liegt in einem beschaulichen Dorf mitten auf der Insel, der 6000 qm große Garten bietet zahlreiche Gelegenheiten für ungestörte Stunden. Diese Ruhe wirklich aufsaugen konnte ich bisher jedoch nicht, schließlich habe ich meine drei Kinder im Gepäck. Die sind süß, lustig, verspielt, witzig und noch tausend andere tolle Dinge – aber nicht ruhig.
Heute aber sauge ich Ruhe auf, so viel ich nur kann. Es schüttet den ganzen Tag aus Kübeln, der Mann hat sich die Kids geschnappt und führt sie aus in den nobelsten Indoor-Spielplatz der Insel. Währenddessen koste ich die Ruhe voll aus.
Ich streife unterm Regenschirm über die Weizenfelder, pflücke triefend nasse Kornblumen, fange ein neues Hörbuch an.
Ich lege mich das erste Mal, seit wir hier sind, ohne zwei kleine Schnattergänse in die Sauna. Dusche kalt, horche in meinen Körper hinein, lausche meinen Gedanken.
Ich setze mich an die offene Haustür, mache mir einen heißen Tee, zünde Kerzen an, blättere gelangweilt in Landhaus-Zeitschriften. Fotografiere die schönen Blumen, starre hinaus in den Regen, lese meinen neuen Roman. Die Ruhe zieht ein in meine Glieder, Stille breitet sich aus in meinem Kopf.
Ich liebe es, allein mit mir zu sein und mich selbst zu spüren.
Die Einsamkeit und Schönheit meiner Umgebung inspiriert mich, ich beginne damit, diese Gedanken hier aufzuschreiben und Fotos rauszusuchen.
In der Ruhe liegt die Kraft.
Ich muss nicht über jedes Stöckchen springen, das man mir hinhält.
Ich finde innere Ruhe und Ausgeglichenheit, indem ich bei mir bleibe, nicht auf Alles und Jeden reagiere, Grenzen klar setze und einhalte. Das hat viel mit Selbstbeherrschung und Aushalten zu tun und auch einer gehörigen Portion Gelassenheit. Das Gefühl danach? Ich ruhe in mir selbst, weiß genau, wer ich bin und lasse mich nicht so leicht ablenken.
Ich nippe an meiner heißen Tasse Tee und starre aus dem Fenster. Der Regen trommelt leise gegen die Scheiben, die Kerzen flackern. Ich denke nach über das Leben, über das Lernen und über das Glück. Ich hänge meinen Gedanken nach und endlich kehrt die langersehnte Ruhe in mir ein.