Ostermontag, 13. April
Heute geht der Mann alleine mit den Kindern runter, um Frühstück zu machen und ich kann noch ein wenig im Bett bleiben und dösen. Als ich fast wieder eingeschlafen bin, werde ich von einem Wasserstrahl mitten ins Gesicht geweckt. Stimmt, heute ist Smigus-Dyngus, ganz vergessen. Ich schnappe mir den Wasserbecher des noch lachenden Maxi und schieße zurück. Der „gegossene Montag“ ist eine schöne Tradition aus meinem Heimatland Polen und wir pflegen sie immer noch mit viel Schalk im Nacken. Besonders für die Kinder ist das natürlich ein Riesen-Spaß. Ich erinnere mich an Osterfeste meiner Kindheit, als wir die Verwandtschaft in Masuren besuchten und sich die Männer gegenseitig ganze Eimer über die Köpfe schütteten. Ich verbinde mit dieser Tradition viel Lebensfreude und finde es schön, dass sie dem Mann genauso gefällt wie mir und wir sie an unsere Kinder weitergeben.
Nach dem üppigen Osterfrühstück, für das der Mann extra Eiersalat zubereitet hat, spielen wir alle gemeinsam das neue Brettspiel, das die Midi von uns bekommen hat. Dann geht jeder seiner Wege, der Mann und ich sortieren den Rest des Bauernschraninhaltes, später vollendet er das neue Hochbett der Midi, während ich Sauerampfersuppe zubereite. Nach der Schlemmerei der letzten Tage brauchen wir etwas Leichtes, dafür eignet sie sich perfekt.
Besonders niedlich heute: die Midi will Papa beim Bau ihres Bettes unbedingt helfen; sie schraubt kräftig mit und hämmert hingebungsvoll. Es ist höchste Zeit für einen Kaffee, da mittlerweile die strahlende Sonne die Trübsal blasenden grauen Wolken vertrieben hat, trinken wir ihn im Garten. Da ich heute PMS-Deluxe habe und mir nichts sehnlicher als ein bisschen Zeit nur für mich und meine Flummi-Hormone wünsche, schnappt sich der Mann die Brut und geht mit ihnen Fahrrad fahren. Sie entdecken einen einsamen Ort zum Klettern und versacken dort für eine Weile.
Ich hatte eigentlich vor, mich ins Bett zu legen und zu lesen, aber die Sonne packt mich und ich beschließe spontan, die angeschlagene Holztruhe im Garten zu lackieren. Mit Hörbuch auf den Ohren entspannt mich das genauso wie eine Stunde im Bett und ich freue mich über das Ergebnis. Gerade als ich die letzten Pinselstriche mache, kehrt die Bande zurück.
Gegen Abend werden wir von meiner Schwester und ihrer Verlobten überrascht, sie drehen eine Runde bei allen Familienmitgliedern, um der Smigus-Dingus-Tradition zu frönen. Ich bin froh, dass der Mann die Tür geöffnet und alles abbekommen hat, hehe. Sie kommen noch (mit Abstand) auf einen Schnack rein und erzählen von der schwierigen Suche nach einer Hochzeitslocation. Corona macht es uns allen nicht leicht.
Als die beiden Turteltäubchen wieder weg sind, geht der Mann mit der schwächelnden Mini in die Wanne, die Kinder dürfen noch Toy Story schauen und ich bin nicht aufzuhalten und lackiere schnell noch die Bank aus dem Vorgarten. Im Anschluss belohne ich mich mit einem Bad, wir spielen kurz mit den Großen, die heute ausnahmsweise nicht mit uns lesen wollen und beenden den Tag.
Dienstag, 14. April
Da wir unseren Urlaub nicht antreten konnten und nun zuhause statt in der Heide sitzen, beschließen wir, die freien Tage zu nutzen, um dringende Gartenarbeiten durchzuführen. Ein Zaun muss dringend abgeschleift werden, da der alte Lack schon absplittert. Es hätte schon letzte Saison gemacht werden sollen, aber wir waren im Babyfieber und hatten keinen Kopf dafür. Wir nehmen das heute zähneknirschend in Angriff. Die Arbeit ist anstrengend und lästig, wir quälen uns abwechselnd da durch, während der andere die Kinder im Auge behält und sie bespasst.
Irgendwann schnappt sich der Mann die Kiddies und fährt mit ihnen wieder zu dem abgelegenen Platz an den Gleisen, an dem sie sich mal wieder in ein großes Abenteuer hineinfantasieren. Viel mehr passiert heute nicht.
Mittwoch, 15. April
Von fertig ist der Zaun noch weit entfernt, wir schleifen also stoisch weiter. Ab Mittag legen wir die Schleifmaschine zur Seite und machen uns einen schönen Nachmittag mit den Kindern. Wir machen eine lange Tour zum Kinderbauernhof und sind froh um den Anhänger, den die Midi zur königlichen Kutsche umfunktioniert.
Am Abend verfolge ich mit den Großen gespannt die Pressekonferenz der Bundeskanzlerin, danach ist der Maxi ziemlich enttäuscht. Er hatte sehr gehofft, nach den Ferien wieder in die Schule gehen zu können und obwohl der Mann und ich vorsichtig versucht hatten, ihn darauf vorzubereiten, dass es wahrscheinlich nicht so kommen wird, merken wir jetzt, wie sehr es ihn beschäftigt hat. Wir müssen trösten und starke Gefühle begleiten, die Trauer über den für einen so langen Zeitraum weggebrochenen Alltag mit den gewohnten Ritualen und Menschen ist zu viel für den kleinen Mann. Mir bricht das Herz, ich möchte am liebsten auch weinen, weil es mir für ihn so leid tut, bleibe in der Situation aber stark, um ihm eine Schulter zu bieten. Nichts fordert mir so viel ab, wie Mutter zu sein, da kann jeder andere Job der Welt einpacken.
Donnerstag, 16. April
Wir sind fest entschlossen, diesen dämlichen Zaun heute endlich fertig zu kriegen und schleifen mit verbissener Entschlossenheit. Bis zum Mittag wird es nicht perfekt, aber das war nie unser Ziel, das Ergebnis ist für uns akzeptabel. Wir verbannen die Schleifmaschine feierlich in den Keller und genehmigen uns einen Drink in der Sonne.
Dann kommen meine Eltern vorbei und bringen uns ihre gefüllte Paprika, die wir alle so lieben. Wir sind froh, nicht auch noch kochen zu müssen und quatschen kurz mit großem Abstand mit ihnen. Meine Ma hat jetzt eine Spezialmaske, die sie als Hochrisikoperson schützt, ich bestelle heute auch noch vier Stoff-Masken für uns, da gestern öffentlich darum gebeten worden ist.
Nach dem Essen fahren wir auf großen Wunsch der Midi zum Barfusspfad. Ohne Schuhe zu laufen liebt sie sehr, da kommt sie ganz nach mir. Wir Mädchen gehen den Pfad ab, die Jungs drehen weiter an ihrem Lego-Film. Dann lassen wir uns alle an der Kuhle mit dem wachsweichen Sand nieder und die Großen beginnen einen Sandkampf, bei dem sie so sehr lachen müssen, dass die Mini nur staunend zusehen kann und am liebsten mitmachen möchte.
Am Abend machen wir noch eine Radtour, das Ziel ist das große goldene M. Wir möchten unseren tapferen Kindern etwas Gutes tun, sie verzichten auf so viel und schlagen sich so gut. Da wir mit ihnen zur Belohnung nicht ins Schwimmbad, zum Indoor-Spielplatz oder in den Zoo fahren können, soll es wenigstens eines ihrer Lieblingsessen sein. Sie dürfen direkt auf der großen Wiese vor dem Schnellrestaurant schlemmen, während wir die Mini in Schach halten, die alles probieren muss, was sie sieht.
Auf dem Rückweg überkommen den kleinen Mann wieder die Trauer und Wut über die nicht enden wollende Quarantäne. Er hat sehr schlechte Laune, bricht mit seiner Schwester Streit vom Zaun, dann kommen die Tränen. Der Mann fährt mit der Midi vor, um die Situation zu entspannen, ich zeige Verständnis und bin einfach nur da. Manchmal ist es das Beste, was ich als Mutter tun kann. Da sein.
Freitag, 17. April
Da wir vom Arbeitspensum her schon so im Flow sind, kärchere ich nach dem Frühstück noch die Terrasse ab. Der Mann schnappt sich die Kiddies, fährt mit ihnen und seinem Auto durch die Waschanlage und lädt die Bande danach auf ein Eis ein. Ich bin fertig als sie zurückkehren, wir essen ein schnelles Mittagessen und danach geht es endlich in den großen Schrebergarten meiner Eltern.
Die Kinder werfen alle Klamotten vom Leib und stürzen sich auf Sandkasten und Wasserrutsche, das Baby erforscht Flora und Fauna und wir Eltern können endlich mal ein wenig entspannen. Es fühlt sich ungewohnt an, nach so vielen arbeitsreichen Tagen, kann aber ruhig so bleiben. Wir grillen, essen ganz unkompliziert und abenteuerlich auf einer Picknickdecke und bauen erst am späten Nachmittag unsere Zelte ab. Vor lauter Entspannung mache ich kaum Fotos, die wenigen, die ich habe, zeigen drei sehr glückliche und splitterfasernackte Kinder. Heute gibt es kein Foto für uns.