Eine verlorene Liebe ° Geschichten vom Wochenende

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Hamburg, meine Perle – du und ich, das war die ganz große Liebe auf den ersten Blick. Seit ich dich im zarten Alter von zwanzig aus dem alten Audi 80 erblickte, gemeinsam mit meinen durcheinanderquatschenden Freundinnen und dem Fahrwind in den Haaren, war ich verknallt. Der Hafen, die Alster, die Speicherstadt. Ohhh. Die Schanze, die Elbe, Övelgönne. Ahhh. Die Reeperbahn, Eimsbüttel, Blankenese. Uiuiui.

Du hattest in meinen Augen einfach alles, was eine richtig gute Stadt braucht. Wir haben dich oft besucht in den folgenden Jahren, mit meinen Freundinnen, mit meinem Freund, mit meinem Mann, mit meinem Kind. Jedes Mal war es mir ein Fest, durch deine Straßen zu streifen und immer wieder etwas Neues zu entdecken. Wir haben sogar eine Zeit lang ernsthaft erwogen, aus dieser Liebelei eine feste Beziehung zu machen – so richtig mit Job, Wohnung und allem drum und dran. Aber das hat sich nie so richtig ergeben und jetzt bin ich fein damit.

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Denn dieses Wochenende haben wir dir nach einem Kurzurlaub auf Sylt und einigen Jahren Abstand mal wieder einen Besuch abgestattet – und bei mir hat es nicht mehr gefunkt. So gar nicht. Es war mir zu voll und zu laut. Viel zu viele Menschen, viel zu viele Autos, viel zu viel Lärm. Das gehört zu einer Großstadt wie dir dazu und früher fiel es mir nicht mal besonders auf.

Dieses Mal aber konnte ich kaum die Schönheit der blinzelnden Sonne auf der Elbe sehen oder die majestätische neue Elbphilharmonie bewundern. Ich war zu abgelenkt von der Masse an Menschen, die sich – ebenfalls auf der Suche nach deinem Zauber – an mir vorbeidrängten. Ich konnte kaum die Möwen hören hinter dem Rauschen der Hochbahnen und dem Hupen der Fahrzeuglawinen. Ich wollte es so gern, aber ich konnte es einfach nicht.

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Das tut mir leid. Nicht für dich, du hast mindestens genauso viele Bewunderer wie Beyoncé und wirst meine Liebe wohl kaum vermissen. Aber für mich tut es mir leid. Weil ich an diesem Wochenende eine große Liebe verloren habe, einen Sehnsuchtsort, der es sich in meinem Herzen so richtig gemütlich gemacht hat in den letzten zwanzig Jahren.

Ich bin aus dieser Liebe wohl einfach herausgewachsen. Großstadt, das ist nicht mehr meine Welt. Selbst nicht wenn sie so wunderschön, vielfältig, widersprüchlich und interessant ist wie du. Aber das ist okay. Das Leben ist im Fluss, es nimmt uns mit auf seine Reise, ohne dass wir den Weg kennen. Mich wird es wohl so bald nicht mehr zu dir tragen. Aber das romantisierte Bild, das ich mir von dir gezimmert habe, wird mir fehlen.

Ich werde dich nicht vergessen und trage unsere unzähligen gemeinsamen Erlebnisse aus zwanzig Jahren in meinem Herzen.

Mach es gut, Barbara

 

Weitere Wochenendgeschichten findet ihr bei Susanne.

6 Kommentare

  1. Ja, so ist das manchmal im Leben… Man wandert weiter, entdeckt neue Welten und wundert sich dann, warum manches nicht mehr so toll ist wie es früher war. Darüber muss man aber nicht traurig sein, sondern kann sich eigentlich freuen – über einen weiteren Stein in der Mauer des Lebens. :-)

    Schön geschrieben, liebe Barbara. Danke sehr!

    Übrigens gefällt mir (auch) Dein „Schön dass du hier bist“-Foto seeehr gut. :-)

    Liebe Grüsse, Sarah

    1. Danke für deinen Kommentar liebe Sarah,

      Ein wenig Wehmut ist für mich okay, immerhin hat mich diese Liebe viele Jahre lang begleitet und war Teil meines Lebens. Aber du hast recht, das nach Vorne schauen sollte überwiegen.

      Danke für deine lieben Worte und alles Liebe!
      Barbara

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