Mit noch halb geschlossenen Augen horche ich dem sanften Läuten der Almglocken. Nach der ersten Nacht klingt das Geräusch noch ein wenig bizarr in meinen rheinländischen Ohren, aber gegen Ende der Woche auf dem Ferienhof Maurus wird es ein sehr lieb gewonnener Klang sein. Der Soundtrack unserer Allgäu-Reise.
Ich schäle mich aus meinem Schlafsack, betrachte kurz die friedlichen Gesichter meiner noch schlafenden Kinder und trete aus dem Zelt in die blinzelnde Morgensonne. Ein Hauch von Wind weht mir um die rote, sonnenverbrannte Nase und ich mache mich zielsicher auf den Weg zur Dusche. Ich muss mich beeilen, denn gleich beginnt die morgendliche Tierfütterung, die die Kinder auf keinen Fall verpassen möchten. Denn dann können sie gemeinsam mit ihren neuen Urlaubsfreunden Kälbern die Flasche geben, Ponys das Heu reichen, die sturen Ziegen auf die Weide bringen und schauen, wie viele Eier die Hühner in dieser Nacht gelegt haben.
Bullerbü-Träume
Als ich zum Zelt zurückkehre, kommen sie mir bereits aufgeregt entgegengelaufen auf ihrem Weg zum Stallgebäude. Sie freuen sich unbändig darauf, die Häschen zu streicheln und die Katzenbabys auf den Arm nehmen zu dürfen, ihre kindliche Freude steckt mich an und ich lächele. Während der Tag gemächlich an uns vorüberzieht, verlieren sie sich im Spiel mit den zahlreichen anderen Urlaubskindern – es gibt auf dem Ferienhof unzählige Gelegenheiten dafür. Der Mann und ich lassen derweil die Seele baumeln, spazieren mal hier, mal dort hin, quatschen ungestört oder lesen ein Buch. Wenn wir hungrig werden und essen gehen wollen, finden wir die Kinder in der riesigen Spielscheune auf den langen Lianen baumelnd. Oder auf Heuballen kletternd. Oder sich mitten im Heu versteckend. Oder alle gemeinsam über die weiten Wiesen rennend.
Weite gibt es „In der Höll“ mehr als genug. Über eine schmale Strasse, die sich in ein großes Tal schlängelt, erreicht man über eine kleine Brücke die weitläufigen grünen Wiesen unter tiefgrünen Tannen. Dieser Ort strahlt eine besondere Magie aus, für diejenigen, die auf der Suche sind nach Frieden und der Energie des einfachen Lebens jenseits der urbanen Bebauung. Ab und an schmeißt der Besitzer Ewald seinen Oldtimer-Trecker an und fährt die Kinder über die Wiesen, aber das ist der einzige Krach, den wir hier vernehmen.
Ein geheimes Badevergnügen
Ganz am Ende der großen Wiese findet das wachsame Auge ein kleines Loch in der dichten Böschung und wer sich traut, sich dort hineinzubegeben, wird belohnt: der Bach Obere Argen fliesst an der Höll entlang und bietet ein kühlendes, nasses Paradies für Kleine und Große. Waten, Planschen, Schwimmen – oder Steine aufstauen und immer wieder neue Becken formen, wir verbringen viele schöne Stunden dort. Immer wieder sprechen wir darüber, wie gut uns die Ruhe tut und wie erholsam diese Abkehr von der Welt da draußen ist. Lassen uns ganze Tage lang treiben, fahren mal hier, mal dorthin, machen uns keine Gedanken um das Essen – es gibt eine gute und sehr schöne Gaststätte mit Spielplatz, die fussläufig vom Ferienhof aus erreichbar ist.
Diesen besonderen Ort würden wir jederzeit wieder aufsuchen, ohne lange darüber nachzudenken.
Bergpanorama & lockende Fluten
Neben muhenden Kühen mit hübschen Almglocken sind es vor allem die Berge, die der Reisende vom Allgäu erwartet, und wenn die Glocken unser Soundtrack sind, dann ist das stets in der Ferne durch die Sonnenflut flimmernde Bergpanorama der Desktophintergrund. Ein weiterer Anziehungspunkt für unsere Augen: der große, glitzernde Bodensee. Wir dürfen einen sehr schönen Ausblick vom Bregenzer Pfänder und ein paar Tage später von der Lindauer Seepromenade auf ihn genießen und das kühle tiefblaue Nass lockt so sehr, dass wir in einem altmodischen Seebad in Bregenz in die Fluten springen.
Süße Sommerträume.
Zeit für besondere Erlebnisse
Wenn ihr mit euren Kindern auch mal in der Gegend um Kempten, Wangen oder Lindau seid, habe ich zwei wertvolle Tipps für Unternehmungen für euch mitgebracht, mit denen ihr eine schöne Zeit verleben könnt – mal jenseits von Bregenz, Lindau & Bodensee.
Eine aufregende Schlucht ° Das bayerische Geotop Eistobel
Der Besuch der Eistobelschlucht zwischen Oberstaufen und Isny bleibt uns lange in Erinnerung. Ein gut gesicherter Pfad führt durch das Naturschutzgebiet – an rauschenden Wasserfällen, tiefen Strudellöchern, großen Gesteinsblöcken und riesigen Felswänden vorbei. Und wir machen an jeder neuen Ecke nur Wow.
Zunächst sind wir skeptisch gewesen, ob es eine gute Idee wäre, sich auf eine 3,5km lange Wanderung zu begeben mit zwei Kindern, von denen eins generell nicht gerne läuft und das andere aus Autonomiegründen aktuell das Laufen fast vollständig ablehnt. Aber unsere beiden Natur- & Wanderherzen schlugen zu heftig bei der Versuchung und so gaben wir der Sache eine Chance. Und die Entscheidung war goldrichtig.
Sobald die schon zum meckern startbereiten Kinder den ersten Wasserfall sehen, sind sie wie verwandelt. Die wilde rauhe Natur inspiriert umgehend ihre Phantasie und so absolvieren wir diese Wanderung durch die unberührte Naturkulisse als Dinos, die durch die prähistorische Welt ziehen. Jeder Fels, jede Brücke, jede Wasserstelle wird eingehend inspiziert und bespielt. Es ist ein wunderbarer Tag – für Groß & Klein.
Für einen Tag Vogel sein ° skywalk allgäu Baumwipfelpfad
Ein weiteres tolles Naturerlebnis haben wir im Skywalk Allgäu. Eigentlich hatten wir uns nicht all zu viel erwartet – ein kommerzieller Baumwipfelpfad halt, aber die Kinder wollten gerne hin, also fahren wir nach Scheidegg. Bereits die Fahrt dahin lohnt sich schon, denn die Ausblicke von der sich langsam durch die Landschaft mäandernden Strasse auf die Berge sind fantastisch. Sie werden nur noch getoppt von dem Panorama-Blick, den wir vor Ort über den Baumwipfeln haben – inklusive Bodensee. Wie ein Vogel hoch im Himmel fühle ich mich ein klein wenig.
Neben diesem einzigartigen Erlebnis bietet der Park noch zwei unterschiedliche Naturerlebnispfade, die sehr kinderfreundlich gestaltet sind, einen Barfusspfad (der es unserer Kamikatze sehr angetan hat) und einem fantasievollen Abenteuerspielplatz mit Geschicklichkeitsparcous. Die Kinder sind kaum aus dem Park wegzubekommen, also bleiben wir einfach den ganzen Tag. Im Urlaub gilt schließlich das Gesetz glückliche Kinder, glückliche Eltern mehr denn je.
Ich hoffe, es ist mir gelungen, euch ein klein wenig mitzunehmen auf unsere Reise ins Allgäu. Ich kann euch die Umgebung uneingeschränkt empfehlen. Der Blick auf die Berge, weite Wiesen und Täler, ab und an ein kühlendes Bad im Bodensee und die sehr kinderfreundlichen Menschen werden mir in Verbindung mit dem Allgäu in guter Erinnerung bleiben.
postscriptum: Kommende Woche berichte ich euch von unserer Weiterreise ins Biosphärenreservat Schwäbische Alb und freue mich sehr, wenn ihr vorbeischaut!